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POSITIONEN DER PERFORMANCEKUNST

POSITIONEN DER PERFORMANCEKUNST

SIEBENSTUNDEN, Performance, 2014
SIEBENSTUNDEN, Performance, 2014
Ich aus meiner Sicht, Performance, 1995
Zukunftsstück II, Performance, 1997

Sieben Stunden lang Papier zerknüllen und hinter sich werfen, bis man in einem Berg aus Papier verschwindet? Die eigene Wohnungstür demontieren und wie einen Rucksack bis zur Kunstakademie tragen? In einem Kühlschrank sitzend und Kraft der eigenen Gedanken Eiswürfel zum Schmelzen bringen? Das alles hat Ralf Berger schon gemacht und seine Performances sind legendär.
Ralf Berger (he/him, *1961 in Düsseldorf) schloss 1996 sein Studium der Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf ab. Für seine Arbeiten wurde er u.a. 1997 mit dem Peter-Mertes-Stipendium und dem Förderpreis für Bildende Kunst des Landes NRW ausgezeichnet. Heute lebt und arbeitet er in Berlin und Düsseldorf.
Gegenstand seiner Arbeit ist sein Körper als Ausgangspunkt: ohne sich auf konkrete Themen zu beschränken, ist das Schaffen sein eigentliches Werk, und das Werkzeug die Aktion. Er konzentriert sich dabei vielmehr auf die Möglichkeiten, Bedürfnisse und Grenzen seines körperlichen Tuns als auf die Materialität des dabei entstandenen Endprodukts.
So sind seine Performances eine Erweiterung der Bildhauerei um eine zeitliche Achse, die per Video, Fotografie und Installation ergänzt wird. Das Performative des Entstehungsprozesses bleibt stets im Mittelpunkt, welches Ralf Berger anhand verschiedenster Materialien und Medien mit dem eigenen Körper als Zentrum erprobt.
Für seine interdisziplinären Arbeiten verknüpft Berger zeitbasierte Medien wie Film und Performance mit Fotografie und Objekt.

DAS FINDEN IST IM MACHEN BEINHALTET

„Früh stellte sich mir jede Erfahrung von Festigkeit und Form auch nur als vorübergehender, in der Zeit liegender Zustand da.
Als einziger nicht wegzudenkender Ansatzpunkt, auf den ich Zugriff hatte, war am Ende immer nur mein eigener Körper. Mit all seinen Befindlichkeiten und Beschränkungen. So ergab sich eine Art der theoretischen Skulptur. Performance als eine in der Zeit liegende Bildhauerei. Warum sollte ich Skulptur nicht auch tanzen können? So entwickelte sich eine performative Skulptur. Mein Körper gibt dabei die Themen vor, wie: Atmen, Laufen, Spucken, Tragen, Lecken, Treten, Rufen usw. Eine Dramatisierung der einfachen Handlung, der kleinen Geste.
Das Setzen eines Anfangs und eines Endes kann schon eine Arbeit definieren. Der Rahmen bestimmt das Bild. Dinge geschehen, Vorhaben scheitern. Oftmals wird die Performance selbst zum Material für eine andere künstlerische Arbeit. Eine Art Metabolismus der Performance zur endgültigen Arbeit findet statt. Zur Dokumentation des Performativen bot sich die Konserve des Videos an.
So kamen die Neuen Medien zwangsläufig und folgerichtig mit all ihren Themen und Möglichkeiten hinzu.
Die Dekonstruktion eines einzigen Momentes z. B. in mehreren Perspektiven bietet einen neuen kompositorischen Zugang und eine völlig neue Ebene der Kunst mit eigenen gestalterischen Gesetzmäßigkeiten.
So habe ich mir ein interdisziplinäres Format zu eigen gemacht, das vorwiegend im Umgang mit Performance und zeitbasierten Medien seinen Ausdruck findet.
So wurde Zeit zu meinem Material und die Performance/Handlung/Inszenierung zu meinen Werkzeugen.
Ein zweites großes Thema, das sich aus diesen körperlich/existenziellen Ansatz ergab, ist die Frage nach der Identität. Warum bin ich, ich? (Godard). Daraus ergab sich auch die Frage nach dem sozialen Umfeld. Was natürlich auch einen politischen Ansatz in sich birgt.

METROPOLIS DIGITAL

Meinen medienkritischen Themen spüre ich gerne in der Populärkultur in Filmen und Texten nach. Der Kulturwissenschaftler Lewis Mumford schreibt dazu in seinem Buch „Der Mythos der Maschine“ den Bau der Pyramiden als den Anfang maschineller Arbeit.

Vom Ein-Mann-Werkzeug zur Megamaschine. Dieses Bild aufgreifend, arbeiten wir alle an einer digitalen Pyramide für einen allmächtigen technischen Pharao.

Die Entscheidung, ob es sich dabei um eine Utopie oder eine Dystopie handelt, soll jeder selbst entscheiden, aber es führt diese Entwicklung führt zwangsläufig zur Frage des Transhumanismus. Erweitern wir unsere Körperlichkeit, oder überwinden wir sie?
Werden wir etwas Unbekanntes zwischen Nietzsches Übermensch und Hollywood’s Batman? Untergang oder Erlösung?
Die Frage der Digitalisierung und die Hoheit über die Medien ist jedenfalls nicht nur eine Sache der Kultur und Technik, sondern auch eine Angelegenheit von Macht und Kontrolle.“

Ralf Fritz Berger 2022